· 

Konsens ist mehr als ein „Ja“ – Über RACK und SAFE als Wege zu verantwortungsvoller Sexualität

Warum Konsens mehr ist als Zustimmung

In der sexualtherapeutischen Arbeit spreche ich oft mit Paaren und Einzelpersonen über Grenzen, Wünsche und Unsicherheiten. Dabei zeigt sich immer wieder: Konsens bedeutet nicht nur ein „Ja“ zu etwas, sondern ein gemeinsames Verstehen dessen, worauf dieses Ja sich bezieht. Es geht also nicht nur um Zustimmung, sondern auch um informierte Entscheidungen, gegenseitige Verantwortung und Kommunikation – vor, während und nach sexuellen Erlebnissen.

Zwei Modelle für konsensuelle Sexualität: RACK und SAFE

Im Bereich von BDSM, Fetisch und Link gibt es seit vielen Jahren zwei populäre Modelle, die Menschen helfen, ihre Sexualität bewusst zu gestalten:


RACK – Risk Aware Consensual Kink

„Risiken bewusst eingehen – mit gegenseitigem Konsens“

RACK betont die Eigenverantwortung aller Beteiligten. Es geht davon aus, dass bestimmte sexuelle Praktiken (z. B. Fesselspiele, Dominanz oder Schmerz) immer mit einem gewissen Risiko verbunden sind – physisch oder psychisch. Statt diese Risiken zu leugnen oder zu vermeiden, geht es bei RACK darum, sie gemeinsam zu besprechen, abzuwägen und bewusst zu akzeptieren.

Kernpunkte: 

  • Risk Aware: Alle Beteiligten sind sich der möglichen Risiken bewusst – nicht nur theoretisch, sondern ganz konkret.
  • Consensual: Es gibt ein klares, freiwilliges und informiertes Einverständnis.
  • Kink: Gemeint sind nicht-normative sexuelle Praktiken, die von der klassischen „Vanilla“-Sexualität abweichen.

Stärken von RACK:

  • Realitätsnah, auch bei komplexen oder intensiven Szenarien.
  • Ermöglicht individuelle Entscheidungen statt pauschaler Regeln.
  • Hilft dabei, Verantwortung gemeinsam zu tragen.

SAFE – Safe, Acceptable, Feasible, Explicit

„Sicher, akzeptabel, durchführbar, klar vereinbart“

SAFE ist ein noch recht neues Modell, das stärker auf ethischen Prinzipien fußt. Es wurde als Reaktion auf die Kritik entwickelt, dass RACK zu viel Verantwortung auf Einzelne überträgt und potenziell gefährliche Praktiken legitimieren könnte. SAFE bietet stattdessen einen strukturierten Rahmen für sexuelle Interaktionen – auch außerhalb von BDSM-Kontexten.

Kernpunkte:

  • Safe: Die Praktik muss so sicher wie möglich sein – medizinisch, psychisch, emotional.
  • Acceptable: Alle Beteiligten empfinden das, was geschieht, als akzeptabel – auch im gesellschaftlichen und rechtlichen Sinne.
  • Feasible: Das Erlebte ist für alle durchführbar, ohne dabei überfordert oder gefährdet zu sein.
  • Explicit: Alle Absprachen sind klar und konkret getroffen – ohne Annahmen oder Interpretationen.

Stärken von SAFE:

  • Klarere Abgrenzung zu missbräuchlichen Dynamiken.
  • Gut geeignet für Menschen mit Traumaerfahrung oder Unsicherheiten.
  • Bietet Orientierung für ethisch reflektierte Sexualität – auch außerhalb von Kink.

Gemeinsamkeiten und Unterschiede

Beide Modelle betonen den Wert von Konsens, Kommunikation und Achtsamkeit. Der wichtigste Unterschied liegt in der Haltung zum Risiko:

  • RACK akzeptiert Risiko als Teil der sexuellen Freiheit – solange es bewusst und gemeinsam getragen wird.
  • SAFE versucht Risiko zu minimieren – und stellt die Frage, ob etwas wirklich sicher, machbar und ethisch tragbar ist.

Manche Menschen empfinden RACK als befreiend, weil es ihnen erlaubt, ihre sexuellen Wünsche ohne Scham zu erkunden – auch wenn sie nicht „gesellschaftlich akzeptiert“ sind. Andere fühlen sich durch SAFE besser geschützt, gerade wenn sie sensibel auf Grenzerfahrungen reagieren.

RACK oder SAFE - Was passt zu Ihnen?

Ob RACK oder SAFE – keines der Modelle ist „besser“. Wichtig ist, dass Sie als Paar (oder auch als Einzelperson mit wechselnden Partner:innen) wissen, worauf Sie sich einlassen. Klare Kommunikation, gegenseitiges Vertrauen und Nachsorge („Aftercare“) bleiben zentrale Bausteine – ganz unabhängig vom Begriff.

Ich ermutige Sie, über Ihre Werte, Wünsche und Grenzen zu sprechen. Welche Art von Freiheit suchen Sie? Wieviel Risiko ist für Sie vertretbar? Und wie können Sie sich gegenseitig Sicherheit geben – auch wenn Sie sich in ein Abenteuer begeben?

Wenn Sie Unterstützung brauchen

Manchmal braucht es einen geschützten Raum, um über das zu sprechen, was im Alltag unausgesprochen bleibt. Als Sexualberaterin unterstütze ich Sie gern dabei, Ihren eigenen Weg zu finden – jenseits von Schubladen, aber mit Klarheit und Verantwortung.