„Aber sie hat doch nichts gesagt …“ – „Ich dachte, er wollte das doch …“
In der sexualtherapeutischen Praxis taucht immer wieder eine zentrale Frage auf:
Was genau ist Konsens – und woran erkenne ich, dass er fehlt?
Dieser Artikel gibt einen Überblick darüber, was Konsens wirklich bedeutet, warum er mehr ist als ein einfaches „Ja“ – und weshalb es sich lohnt, genauer hinzuschauen.
Was bedeutet Konsens in der Sexualität?
Konsens heißt:
✔️ Zustimmung zu einer sexuellen Handlung
✔️ Freiwillig, bewusst und informiert
✔️ Aktiv gegeben – und jederzeit widerrufbar
Konsens ist also keine stille Annahme, sondern ein klarer Ausdruck von:
„Ich will das – jetzt – mit dir – unter diesen Bedingungen.“
Er kann verbal sein („Ja, ich möchte das“) oder nonverbal – durch Körpersprache, Blickkontakt, Mitmachen. Wichtig ist: Die Zustimmung muss eindeutig und sicher erkennbar sein.
Was ist KEIN Konsens?
Viele Missverständnisse über Konsens entstehen, weil Menschen nicht gelernt haben, wie er aussieht – und wie eben nicht:
-
Schweigen ist kein Konsens.
-
Mitmachen aus Angst, Schuld oder Pflichtgefühl ist kein Konsens.
-
Sex, weil „man halt mal wieder müsste“ ist kein echter Konsens.
-
Zustimmung im Rausch oder unter Druck ist rechtlich wie ethisch problematisch.
-
Und: Ein früheres „Ja“ gilt nicht für immer.
Besonders in langjährigen Beziehungen wird Konsens manchmal vorausgesetzt – statt neu verhandelt. Dabei kann sich Lust verändern, Grenzen verschieben, Bedürfnisse wandeln.
Merkmale eines echten Konsenses
Ein oft verwendeter Leitsatz, auch in der sexualpädagogischen Arbeit, lautet:
Konsens ist freiwillig, informiert, konkret, aktiv und jederzeit widerrufbar.
Oder anders gesagt:
-
Niemand ist zu etwas überredet oder manipuliert worden.
-
Alle wissen, worum es geht (z. B. welche Praktiken, welche Rahmenbedingungen).
-
Zustimmung gilt nur für das, worüber gesprochen wurde – nicht automatisch für alles andere.
-
Konsens kann sich ändern – auch mitten im Geschehen.
Konsens ist Kommunikation
Statt zu raten oder zu hoffen, braucht es einen ehrlichen Austausch:
-
„Fühlt sich das gut an für dich?“
-
„Willst du das – jetzt – wirklich?“
-
„Wie geht’s dir damit?“
-
„Möchtest du, dass ich aufhöre?“
Das klingt vielleicht ungewohnt oder unsexy – aber wer fragt, zeigt Respekt. Und schafft damit mehr Nähe, nicht weniger.
Konsens kann man üben
Gerade in Beratung und Therapie arbeite ich oft mit Paaren oder Einzelpersonen an der Frage: „Wie erkenne ich meine eigenen Grenzen – und wie bringe ich sie zur Sprache?“
Konsens fängt nicht im Bett an, sondern bei der Fähigkeit, eigene Bedürfnisse wahrzunehmen und auszudrücken. Dazu gehört auch, ein „Nein“ auszuhalten – ohne Schuld, ohne Vorwurf.
Ein Tipp zum Schluss: Konsens erklärt mit Tee
Manche Dinge lassen sich am besten mit Humor erklären. Das Video „Consent – It’s as simple as tea“ macht genau das – und bringt die Essenz wunderbar auf den Punkt:
- Wenn jemand keinen Tee möchte, zwingst du ihn auch nicht, welchen zu trinken.
- Link zu YouTube
Fazit: Konsens ist mehr als Zustimmung – er ist Beziehungspflege
Konsens ist kein bürokratischer Akt, sondern ein Zeichen von Fürsorge und Selbstbestimmung. Er schützt nicht nur vor Grenzverletzungen, sondern schafft die Grundlage für sinnliche, sichere und erfüllende Sexualität – in jeder Beziehungsform und in jedem Alter.
Wenn Sie merken, dass Ihnen das Thema schwerfällt – sei es in der Kommunikation oder in der Praxis – bin ich gerne für Sie da. In meiner sexualtherapeutischen Beratung schauen wir gemeinsam hin: ehrlich, achtsam und ohne Tabus.